Wenn die eigene Wirklichkeit verschwimmt!
Gaslighting ist ein subtiler, oft unbewusster Kommunikationsstil, bei dem eine Person die Wahrnehmung oder Erinnerungen einer anderen wiederholt infrage stellt. Diese Art der Dynamik kann in engen Beziehungen und Familienstrukturen entstehen und dazu führen, dass die betroffene Person an ihrer eigenen Wirklichkeit zweifelt. In diesem Beitrag erfahren Sie, was Gaslighting bedeutet, warum es auftreten kann und wie Sie einen Weg finden, damit umzugehen.
Was versteht man unter Gaslighting?
Gaslighting beschreibt das Verhalten, bei dem eine Person kontinuierlich die Gefühle oder Erinnerungen einer anderen anzweifelt. Dies geschieht oft durch scheinbar harmlose Aussagen wie „Das hast du dir nur eingebildet“ oder „So war das nie“. Über die Zeit kann diese subtile Form der Beeinflussung dazu führen, dass die betroffene Person den Boden unter den Füßen verliert und ihre eigene Wahrnehmung nicht mehr vertraut.
Gaslighting in Beziehungen: Wenn die Realität ins Wanken gerät
In Paarbeziehungen zeigt sich Gaslighting häufig dann, wenn ein Partner – bewusst oder unbewusst – versucht, die Sichtweise des anderen zu dominieren. Es ist selten eine direkte Konfrontation, sondern ein schleichendes Anzweifeln der Gefühle oder Erinnerungen des anderen. Typische Beispiele hierfür sind:
- Leugnen von Ereignissen: Der Partner bestreitet, dass bestimmte Dinge jemals geschehen sind.
- Verharmlosen von Emotionen: Aussagen wie „Du übertreibst“ oder „Du bist zu empfindlich“ untergraben das emotionale Erleben des anderen.
- Umdeuten von Erinnerungen: Eine Situation wird so dargestellt, dass die betroffene Person ihre eigenen Erinnerungen infrage stellt.
Diese Art der Verunsicherung kann dazu führen, dass die eigene Sicht auf die Realität unscharf und brüchig wird.
Gaslighting in Familien: Verborgene Mechanismen
Auch innerhalb von Familien kann Gaslighting vorkommen. Oft passiert dies, wenn Eltern unbewusst die Wahrnehmungen ihrer Kinder infrage stellen, indem sie deren Gefühle als überzogen oder unangebracht abtun. Aussagen wie „Das hast du dir ausgedacht“ oder „Du warst schon immer schwierig“ können das Selbstbild eines Kindes langfristig prägen und zu Unsicherheiten führen, die weit ins Erwachsenenalter hineinreichen.
Diese Form der Einflussnahme ist selten böswillig, sondern oft Teil familiärer Muster, die sich über die Zeit entwickelt haben. Dennoch kann sie das Vertrauen in die eigene Wahrnehmung stark beeinträchtigen.
Warum Menschen Gaslighting anwenden
Gaslighting ist nicht immer bewusstes Handeln, sondern kann aus verschiedenen psychologischen oder emotionalen Bedürfnissen heraus entstehen:
- 1. Das Bedürfnis nach Kontrolle: Manche Menschen fühlen sich nur sicher, wenn sie eine Situation vollständig unter Kontrolle haben. Das Infragestellen der Realität anderer kann als unbewusster Versuch dienen, diese Kontrolle aufrechtzuerhalten.
- 2. Persönliche Unsicherheiten: Menschen, die sich selbst unsicher fühlen, können dazu neigen, die Wahrnehmungen anderer infrage zu stellen, um sich selbst zu stabilisieren.
- 3. Erlernte Muster: Wer in einem Umfeld aufgewachsen ist, in dem Emotionen oder Wahrnehmungen oft infrage gestellt wurden, übernimmt dieses Verhalten möglicherweise unbewusst in eigenen Beziehungen.
- 4. Vermeidung von Konflikten: Gaslighting kann auch eine Strategie sein, schwierige Auseinandersetzungen zu umgehen, indem die Realität des anderen nicht anerkannt wird.
Die möglichen Auswirkungen von Gaslighting
Gaslighting kann tiefgreifende Auswirkungen auf das Selbstbild und die emotionale Sicherheit haben. Betroffene beginnen, ihre eigenen Gefühle und Wahrnehmungen zu hinterfragen, was zu Unsicherheiten führen kann. Dies erschwert es oft, persönliche Grenzen zu setzen oder die eigenen Bedürfnisse klar zu formulieren. Die Auswirkungen hängen dabei stark von der Intensität und Dauer des Gaslighting ab.
Wie Sie mit Gaslighting umgehen können
Wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Wahrnehmungen in einer Beziehung oder innerhalb der Familie wiederholt infrage gestellt werden, können die folgenden Schritte hilfreich sein:
- 1. Eigene Wahrnehmungen festhalten: Notieren Sie Situationen, in denen Sie das Gefühl haben, dass Ihre Realität angezweifelt wird. Dies hilft Ihnen, sich Ihrer eigenen Gefühle sicherer zu werden.
- 2. Austausch mit Vertrauenspersonen: Sprechen Sie mit Menschen, denen Sie vertrauen, über Ihre Erfahrungen. Oft kann eine neutrale Perspektive dabei helfen, Klarheit zu gewinnen.
- 3. Professionelle Unterstützung: Ein Therapeut oder eine Therapeutin kann Ihnen helfen, die Dynamik des Gaslighting zu verstehen und Strategien zu entwickeln, wie Sie damit umgehen können.
- 4. Setzen Sie klare Grenzen: Es ist wichtig, Ihre eigenen Grenzen zu erkennen und zu schützen, um emotionale Überforderung zu vermeiden.
- 5. Selbstfürsorge: Nehmen Sie sich bewusst Zeit, um auf sich selbst und Ihre Bedürfnisse zu achten. Selbstfürsorge ist entscheidend, um emotionale Stabilität zu fördern.
Fazit: Zurück zur eigenen Klarheit
Gaslighting kann dazu führen, dass Menschen an ihrer eigenen Wahrnehmung zweifeln, doch es gibt Wege, diese Dynamik zu erkennen und ihr entgegenzuwirken. Indem Sie Ihre eigene Realität festigen und gegebenenfalls Unterstützung von außen in Anspruch nehmen, können Sie ein stärkeres Vertrauen in Ihre eigene Wahrnehmung entwickeln.
Diese Art von Dynamik in Beziehungen oder Familien ist eine Einladung, sich selbst und die Kommunikationsmuster im eigenen Umfeld zu reflektieren. Es geht darum, gesunde, klare und respektvolle Dialoge zu fördern, um Beziehungen auf einer stabilen und achtsamen Basis aufzubauen.
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Einmal im Monat teile ich Gedanken darüber, was uns bewegt – und was Beziehungen stärkt.
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Pascale Jenny